Aufgrund der systemischen Ausrichtung zählt auch die therapeutische Begleitung der jungen Menschen, zum Beispiel bei Neurodiversität wie ADHS oder Autismus, zum sozialpädagogisch-therapeutischen Angebotsportfolio von Schloss Varenholz. Dieses impliziert eine genaue Diagnose seiner Stärken und Ressourcen. In Elterngesprächen werden sowohl die Entwicklung des jungen Menschen als auch die gegebenen familiären Beziehungen und Entwicklungsumstände eruiert, um lösungsorientiert Wege aufzuzeigen, die neurodiverse junge Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben lassen. Dabei stehen nicht die schulischen Leistungen im Vordergrund, sondern pädagogische Methoden und Interventionen zur Stärkung der Selbstwahrnehmung, Selbststeuerung und Selbstorganisation des jungen Menschen.
Im Hinblick auf die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) stehen wir auf Schloss Varenholz einer medikamentösen Behandlung kritisch gegenüber und versuchen in Absprache mit den Eltern bzw. Sorgeberechtigten und den betreuenden Ärzt*innen zu eruieren, ob eine Medikation dauerhaft notwendig ist oder gegebenenfalls angepasst werden kann. Statt ausschließlich auf Medikamentenvergabe zu setzen, geben wir z. B. jungen Menschen mit hoher motorischer Aktivität durch einen rhythmisierten Tagesablauf mit ausgewogenen Lern- und Spielphasen sowie durch ein vielfältiges Sport- und Freizeitangebot im Nachmittagsbereich ausreichend Gelegenheit, ihren Bewegungsdrang auszuleben.
Aufmerksamkeitsdefiziten, die häufig dann zu verzeichnen sind, wenn die Anforderungen, vor denen die jungen Menschen stehen, ihrem individuellen Leistungsstand nicht entsprechen, begegnen wir in der Schule mit binnendifferenziertem Unterricht mit individueller Förderung, so dass kein junger Mensch über- oder unterfordert und damit unaufmerksamer wird. Hinzu kommt ein strukturierter Tagesablauf mit Ritualen, Pflichten und Abläufen, die den jungen Menschen Sicherheit und Halt geben.
Um die Konzentration und Impulskontrolle von jungen Menschen mit ADHS nachhaltig zu verbessern, bietet Schloss Varenholz als begleitende Therapie zudem Neurofeedback an, ein neuropsychologisches Hirnleistungstraining, mit dem die Hirnströme wahrnehmbar gemacht und positiv verändert werden können. Neurofeedback wird u. a. als ein Behandlungsbaustein für ADHS von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. in der Leitlinie „ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen“ (2017, S. 65) empfohlen.
Ein regelmäßiger fachlicher Austausch zwischen den pädagogischen Fachkräften und den Lehrkräften der Sekundarschule Schloss Varenholz sowie kontinuierliche Fort- und Weiterbildungen zum Thema Teilleistungs-, Verhaltens- oder Entwicklungsstörungen sind für uns selbstverständlich und unterstützen die kindgerechte Arbeit mit den jungen Menschen.
Im Rahmen der o. a. Weiterbildungen veranstaltete Schloss Varenholz unter anderem einen Fachtag zum Thema „AD(H)S und andere psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen“. Weitere Informationen zu diesem Fachtag finden Sie hier.
Neurofeedback bei ADHS oder Autismus
Hirntraining gegen das Chaos im Kopf
Aufgrund der systemischen Ausrichtung zählt auch die therapeutische Begleitung der jungen Menschen, zum Beispiel bei Neurodiversität wie ADHS oder Autismus, zum sozialpädagogisch-therapeutischen Angebotsportfolio von Schloss Varenholz. Zu den angewandten Therapieformen zählt unter anderem auch Neurofeedback, ein neuropsychologisches Hirnleistungstraining, mit dem die Hirnströme wahrnehmbar gemacht und positiv verändert werden können.
Bei Neurofeedback handelt es sich um eine computergestützte Trainingsmethode, bei der den jungen Menschen ausgewählte Parameter der eigenen Gehirnaktivität, über die sie keine Wahrnehmung haben, bewusst gemacht werden. Gehirnstromkurven (EEG-Wellen) werden von einem Computer in Echtzeit analysiert, nach ihren Frequenzanteilen zerlegt und auf einem Rechner dargestellt. Die so ermittelte Frequenzverteilung, die vom Aufmerksamkeits- bzw. vom Bewusstseinszustand abhängt, kann für ein Training genutzt werden. Durch diese Rückmeldung und das anschließende, auf die Analyse abgestimmte Training lernen die jungen Menschen, ihre Gehirnaktivität zu kontrollieren und dadurch Konzentration und Impulskontrolle zu verbessern. Da viele Krankheiten, Störungen oder ungewollte Verhaltensmuster auf eine Fehlregulierung der Gehirnaktivität zurückzuführen sind, stellt Neurofeedback eine wissenschaftlich erprobte Methode dar, um diese Fehlregulierungen auszugleichen. ADHS ist dabei eindeutig das Störungsbild, bei dem Neurofeedback in der klinischen Praxis am häufigsten angewendet und am meisten durch evaluierte Studien belegt ist.
Bei jungen Menschen, die wegen spezifischer Störungen Medikamente einnehmen, kann durch die Neurofeedback-Therapie eine Reduktion bzw. ein Absetzen der Medikamente möglich werden. Anwendungsgebiete neben ADHS und Autismus sind:
- Epilepsie
- Angststörungen
- Depression und Aggression
- Schlafstörungen
- Migräne
- Tic-Störungen
- Enuresis
- Training zur Stressbewältigung und zur Stressreduktion
- Training zur Schulleistungssteigerung
- Training zum Ausgleich von Instabilität
Alle Therapiemaßnahmen im Bereich Neurofeedback werden von ausgebildeten Neurofeedback-Therapeuten*innen durchgeführt.
Weitergehende Informationen zu unserem Therapieangebot finden Sie im „Flyer Neurofeedback“ zum Download (385 KB).
Tiefergehende Einblicke in das Thema, wissenschaftliche Hintergründe sowie Fallbeispiele finden Sie hier:
- Blickpunkt Jugendhilfe vom 01.11.2021 „Neurofeedback – ein alternativer Zugang zur Entwicklungsunterstützung“. Warum NEURO in der Jugendhilfe?
- ntv vom 18.01.2019 „Neurofeedback hilft beim Lernen“. Das Neurofeedbacktraining könnte ein Mittel sein, das Lernerfolge in alltäglichen, aber auch in rahabilitaven und klinischen Kontexten begünstigt.
- Ärzte Zeitung vom 20.07.2018 „Neurofeedback hilft Kindern mit Autismus“. Eine Studie hat ergeben: „Mente Autism“ für die tägliche Therapieeinheit zuhause ergänzt etablierte Autismus-Therapien.
- Ärzte Zeitung vom 22.02.2018 „Neurofeedback hilft Kindern mit ADHS“. Ein Training mit Neurofeedback hat auch längerfristig günstige Effekte bei jungen Menschen mit ADHS.
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. von 2017, Leitlinie „ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen“
- Ärzte Zeitung vom 15.09.2016 „Zu impulsiv? Neurofeedback könnte helfen“. Mit Neurofeedback-Training lässt sich das impulsive Verhalten von jungen Menschen mit ADHS reduzieren. Forscher*innen aus Dresden konnten nun belegen, dass dabei konkrete Veränderungen der Gehirnaktivität den Trainingserfolg anzeigen.
- Spiegel Online vom 14.04.2015 “ Trainieren gegen das Chaos im Kopf“. Die meisten jungen Menschen mit ADHS bekommen Medikamente. Doch Konzentration und Impulskontrolle können trainiert werden – durch Neurofeedback. In Studien hat die Methode beachtliche Ergebnisse gezeigt.
- Geo vom 04.04.2015 „Hirn heile dich selbst“. Eine Therapie, die Depressiven aus ihrem Tief hilft. Die dem Zappelphilipp Ruhe schenkt, dem Phobiker die Angst nimmt. Und zwar ohne Tabletten und ohne Nebenwirkungen. Neurofeedback verlässt sich allein auf die Kraft der Gedanken.
- Süddeutsche Zeitung vom 13.09.2014 „Dank an dich“. Ein Erfahrungsbericht über Tim Wanner, der jahrelang an der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) gelitten hat. Seit seinem Training mit Neurofeedback gehören Medikamente und deren Nebenwirkungen der Vergangenheit an.
„Das Institut für Medizinische Psychologie der Universität Tübingen hat gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Nijmegen nachgewiesen, dass Neurofeedback eine evidenz-basierte und somit wirksame Behandlungsmöglichkeit für Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizits-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist. In einer Studie der niederländischen Forschungseinrichtung „Brainclinics“, die in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „EEG and Clinical Neuroscience“ erschienen ist, haben die Forscher eine Meta-Analyse aller 15 bisher veröffentlichten Studien zum Neurofeedback bei ADHS durchgeführt. Damit konnten sie zeigen, dass Neurofeedback große und klinisch signifikante Effekte auf die Kernsymptome Impulsivität und Unaufmerksamkeit hat.“